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Uni-Chefarzt erklärt 10 Fortschritte in der Krebstherapie: „Neue Chancen selbst bei schweren Fällen“

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Im Kampf gegen Krebs können Ärzte immer mehr Patienten helfen. Uni-Chefarzt Prof. Jens Werner erklärt die zehn wichtigsten Fortschritte der letzten Jahre.

Mit mehr als 60.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Darmkrebs eine der häufigsten Krebsarten in Deutschland. In den vergangenen Jahren haben Forschung und individualisierte Therapien jedoch enorme Fortschritte gemacht. Täglich retten Ärzte damit Leben und Lebensqualität. Und immer öfter werden selbst schwere Fälle in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien geheilt. Das bestätigt der Chirurg Prof. Jens Werner. Er ist Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des LMU Klinikums – eines von drei bundesweit ausgezeichneten Chirurgischen Exzellenzzentren für die Behandlung von Darmerkrankungen. Hier berichtet der international anerkannte Münchner Spezialist über die zehn wichtigsten Fortschritte der vergangenen Jahre bei Diagnostik und Therapie. Wie sehr Patienten profitieren können, zeigt der dramatische Fall eines bayerischen Familienvaters. Die Geschichte von Felix G. lesen Sie hier.

1. Vorsorge: 180.000 Darmkrebs-Fälle verhindert

Die Darmspiegelung ist die sicherste Methode zur Entdeckung von riskanten Dickdarmpolypen. Auf diese Weise wurden in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland 180.000 Fälle von Darmkrebs verhindert.

2. Neue Technik: Tumorentfernung oft bereits im Rahmen der Darmspiegelung möglich

Dank neuer Diagnostik und Technik können heute im Rahmen der Darmspiegelung selbst größere, meist gutartige Geschwülste oft problemlos mit entfernt werden.

3. OP-Roboter: Er ermöglicht den Ärzten schonendes Operieren

Minimalinvasive Techniken sind heute Standard bei der chirurgischen Therapie des Darmkrebses. Sie kann als Laparoskopie (Bauchspiegelung) oder mithilfe eines OP-Roboters durchgeführt werden. Optimale Bildauflösung und Vergrößerung sowie eine spezielle Färbung des Gewebes gewährleisten die exakte Präparation des Tumors und Schonung mitbetroffener Organe und feinster Nerven – selbst wenn der Roboter auf engstem Raum arbeiten muss.

Professor Jens Werner vom LMU Klinikum in München.
Renommierter Chirurg und Krebs-Spezialist: Professor Jens Werner vom LMU Klinikum in München. © Stefan Wartini

4. Chemo/Strahlentherapie: Neue Erfolgskonzepte

Die Vorbehandlung durch Strahlen- oder Chemotherapie ist heute in manchen Fällen derart effektiv, dass der Tumor komplett verschwindet. „Totale Neoadjuvante Therapie“ (TNT) wird dieses Erfolgskonzept genannt.

5. Immuntherapie: Große Hoffnung bei bestimmten genetischen Voraussetzungen

Die noch junge Immuntherapie erzielt bereits große Erfolge bei der Bekämpfung des Darmkrebses. Dabei wird das körpereigene Immunsystem durch spezifische Antikörper so angeregt, dass es den Tumor aus eigener Kraft ohne weitere Therapie oder Operation angreifen kann. Voraussetzung dafür ist eine Mikrosatelliteninstabilität (MSI) – ein Gendefekt, der es diesen neuen Medikamenten erlaubt, den Krebs samt Metastasen zu vernichten. Etwa 20 Prozent aller Patienten kommen dafür infrage. Die MSI wird anhand einer Gewebeprobe des Tumors überprüft.

6. Tumorkonferenz: Fachübergreifende Zusammenarbeit von Spezialisten

Dank innovativer Therapiekonzepte, die durch das Zusammenwirken von Chirurgie, Gastroenterologie, Onkologie, Strahlentherapie und Radiologie entstehen, kann heute ein beträchtlicher Anteil von Darmkrebspatienten mit Fernmetastasen – zum Beispiel in Leber, Lunge oder Bauchfell – geheilt werden. Bei Tumorkonferenzen entwerfen die Spezialisten maßgeschneiderte Therapieformen – eine weitere große Stärke der spezialisierten Zentren.

Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität
Deutschlands zweitgrößtes Uniklinikum: Das LMU Klinikum, hier mit dem Standort Großhadern. © imago classic

7. Konzept bei Rückfällen: Chancen, auch wenn der Tumor zurückkehrt

Tumoren können zurückkehren. Solche Rezidive wurden früher oft als nicht mehr heilbar eingestuft. Heute können Spezialisten insbesondere beim Enddarmkrebs (Rektumkarzinom) durch eine Operation in vielen Fällen eine langfristige Tumor- und Symptomfreiheit erzielen. Dabei arbeiten Spezialisten mehrerer Fachabteilungen wie Chirurgie, Radiologie/Strahlentherapie, Gastroenterologie und Onkologie zusammen. Den Eingriff selbst führt ein interdisziplinäres Team aus Chirurgen und Urologen/Gynäkologen durch.

8. Präzisions-Onkologie: Hier steht der Patient im Mittelpunkt

Die Personalisierte Medizin – auch Präzisionsonkologie genannt – stellt jeden Krebspatienten individuell in den Mittelpunkt. Zielgerichtete Krebstherapien hemmen nur Tumorzellen mit bestimmten Eigenschaften. In spezialisierten Tumorkonferenzen wird zum Beispiel auch entschieden, ob die Untersuchung des gesamten Erbmaterials eines Tumors dem Patienten nutzen könnte.

9. Zentrumsmedizin: Hohe Erfolgsraten auch bei Metastasen

Hochspezialisierte Zentren an Universitätskliniken sind eine Voraussetzung für hohe Erfolgsraten. Hier werden Therapiestandards weiterentwickelt und Studien mit neuesten Medikamenten angeboten. Spezialisten aller Fachbereiche arbeiten dort Hand in Hand. Da ein Viertel aller Darmkrebspatienten bei der Erstdiagnose bereits Metastasen aufweist und bis zu 50 Prozent Fernmetastasen in anderen Organen entwickeln, ist es umso wichtiger, sich an einem Zentrum behandeln zu lassen.

10. OP-Vorbereitung: Wichtiger Sicherheitsfaktor vor allem für ältere Patienten

Prähabilitation ist der Begriff für die optimale Vorbereitung von Patienten auf den operativen Eingriff. Speziell ältere und vorerkrankte Patienten werden dafür mit Atem- und Kreislauftraining sowie speziellen Nährstoffen in die bestmögliche Form gebracht. So können sie ihre Operation gut überstehen und oft auch früher wieder heimkehren.

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